Ein Exot bei uns zu Gast
Ein Schlangenadler von Sylvia Urbaniak, www.greifvogelhilfe.de
Seit Ende Juli diesen Jahres wurde die Anwesenheit eines Schlangenadlers (Circaetus gallicus) mehrfach beobachtet und durch Fotobelege bestätigt. Wir konnten selbst erstmalig das Tier am 25. Juli sehen, es ist aber möglich, dass dieser Adler vielleicht schon länger da war und bis dahin unentdeckt blieb. Schlangenadler halten sich nur sehr selten in Mitteleuropa auf. Wenn es zu Sichtungen dieser Adlerart kommt, dann ist dies meist ab Juni bis Mitte August der Fall. Wie der Name schon verrät sind Schlangenadler absolute Nahrungsspezialisten. Denn diese Greifvogelart ernährt sich vornehmlich von Schlangen. Seine Leibspeise sind hierbei Nattern, er frisst aber auch Eidechsen, Frösche und selten Vögel. Schlangenadler erbeuten zum Beispiel folgende Arten wie Schlingnattern, Ringelnattern, manchmal Kreuzottern, Eidechsen allgemein, Frösche. Er benötigt täglich etwa ein bis zwei Schlangen, um satt zu werden. Durch diese speziellen Beutetiere kommt der Schlangenadler nur in reptilienreichen Gebieten vor. Also an offenen Flächen wie Moor- und Heidegebiete, Weideflächen usw., siehe folgendes Foto. Dort lässt er sich dann aber gut beobachten.
Der europäische Bestand wird auf ca. 17.800 Brutpaare geschätzt (Literatur „Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens Mebs und Schmidt 2014).
Wie groß sind Schlangenadler?
Diese Adlerart ist deutlich größer als Mäusebussarde und haben eine Flügelspannweite von 160 bis 178 cm. Folgendes Foto verdeutlicht sehr gut den Größenunterschied zwischen Adler und Mäusebussard.
Wir persönlich haben Schlangenadler letztes Jahr zuletzt im September in Südfrankreich mehrfach beobachten können.
Wie findet der Adler seine Beute?
Der Schlangenadler nutzt bevorzugt Thermikwinde und schwebt gerne mit wenig Kraftaufwand die bevorzugten Flächen ab. Er kann genauso wie Turmfalken es tun den Rüttelflug zur Jagd ausüben. Bei Bedarf jagt der Adler auch zu Fuß.
Seine Augen befähigen ihn zu spitzen Sehleistungen und er kann im Suchflug schnell seine Beute erspähen und im Stoßflug erbeuten. Wir konnten diesem Adler, auf der Niederländischen Seite nähe Boukoul, bei solchen Stoßflügen beobachten. Beim Zustoß am Rande des Gewässers sind auch alle Wasservögel und Limikolen vor Panik aufgeflogen. Da z. B. in Spanien, Italien und Frankreich entsprechend benötigte Biotope für Reptilien vorhanden sind, kommt er dort regelmäßig vor. Reptilien bevorzugen es warm und trocken und sind als wechselwarme Tiere im Sommer besonders aktiv.
Beobachtungen in Deutschland?
Schlangenadler können jedes Jahr vereinzelt in Deutschland gesehen werden, allerdings nie im Winterhalbjahr, da diese Langstrecken-Zugvögel sind mit dem Überwinterungsgebiet südlich der Sahara. Zudem sind Schlangenadlerarten frostempfindlich und könnten in Deutschland nicht überwintern. Eine Haltung in Gefangenschaft wäre nur möglich sein, wenn Schlangenadlerarten im Winterhalbjahr in beheizten Räumlichkeiten untergebracht wären.
Bei den Exemplaren in Mitteleuropa handelt es sich um Durchzügler oder richtige Sommergäste, die mehrere Wochen an einem optimalen Biotop verbleiben. Vermutlich handelt es sich hierbei um jüngere noch nicht geschlechtsreife Vögel, die keinem Brutgeschäft nachkommen. Nach meinen Recherchen für dieses Jahr 2016 kam es zu mehreren Sichtungen in verschiedenen Bundesländern.
- Ein Exemplar in Niedersachsen (NSG Viehmoor bei Leiferde) Seit dem 13. Juli bis in den August hinein konnte ein Adler dort beobachtet werden (Info über www.ornitho.de, Club 300, Facebook)
- Des Weiteren ein Exemplar am 31. Juli in Maulbronn in Baden Württemberg gemeldet (Info Club 300)
- Ein Schlangenadler wurde am 19. Juli in Brandenburg gemeldet (Club 300)
- Ein Schlangenadler wurde am 11. Juli in Rheinland-Pfalz gemeldet (Club 300)
- Ein Tier in Bedburg Mitte Juli (Kreis Neuss) (Mitteilung über Facebook)
„Unser Schlangenadler“ wurde meines Wissens zuletzt am 20.08.2016 beim Lüsekamp (Gemeinde Niederkrüchten) nochmals bestätigt (Vogelmeldungen v. Niederrhein)
Wissenswertes über den Schlangenadlernachwuchs
Schlangenadler werden im Alter von drei bis vier Jahren geschlechtsreif. Bei der Eiablage wird nur ein einziges weißes Ei gelegt und ca. 47 Tage bebrütet. Das bisher bekannte Höchstalter liegt in freier Wildbahn bei 17 Jahren, welches durch einen Beringungsfund bestätigt wurde. Vermutlich liegt das Höchstalter aber deutlich höher, da Adlerarten deutlich älter werden können. (Quelle „Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens Mebs und Schmidt 2014).
Folgendes Video soll einen kleinen Einblick geben, wie ein Elternvogel eine erbeutete Schlange zum Horst bringt. Der Jungvogel schluckt sie im Ganzen herunter.
Interessant ist auch, dass der gezeigte Elternvogel einen deutlichen Überschnabel hat. So etwas kommt also auch in der Natur manchmal vor.
Ein Gefiedermerkmal ist übrigens beim Schlangenadler, dass er im Großgefieder 3 bis 4 deutliche dunkelbraune Bänderung aufweist. Im Vergleich zum Mäusebussard sind es viel weniger Streifen.
Ganz spannend ist auch die Beobachtung eines Ornithologen vor vier Jahren, denn da wurde eine Schlangenadlerbrut in der Schweiz erstmalig dokumentiert.
Vom Schlangenadler gibt es noch mehrere Arten die zur Gattung der Circaetus gehören nämlich: Beaudouin-Schlangenadler (Circaetus beaudouini), Schwarzbrust-Schlangenadler (Circaetus pectoralis), Einfarb-Schlangenadler (Circaetus cinereus), Graubrust-Schlangenadler (Circaetus fasciolatus), Bandschlangenadler (Circaetus cinerascens).
Die bebilderte Vorstellung dieser Arten findet man zum Beispiel auf folgender Webseite: www.globalraptors.org.
Vielen Dank an Herrn Thorsten Pröhl, der uns einige Bilder zum Schlangenadler zur Verfügung gestellt hat.